„Bauliche Zeugen der Schwäbischen Ritterschaft in Ehingen“
Rundgang mit Stadtarchivar Dr. Ohngemach am Sonntag 23.04.2023
Zuerst ging Dr. Ohngemach auf die Bedeutung der Reichsritterschaft (niederer reichsunmittelbarer, nur dem Kaiser unterstellten Adel: Freiherrn und Barone) ein.
Ehingen war im 17. und 18. Jahrhunderts Sitz des Kantons Donau, der auch den ständigen Vorsitz unter den fünf Kantonen des schwäbischen Ritterkreises führte. Die Schwäbisch - Österreichischen Landstände hatten ihren Sitz ebenfalls in Ehingen (zunächst im Rathaus, dann im heutigen Amtsgericht) und deren Verwaltung war dort auch präsent. Die Reichsritterschaft bildete einen Gegenpol zu den Fürsten mit ihrem Streben nach einem Territorialstaat.
Gegen Ende 1680 wurden Überlegungen angestellt, die Kanzlei von Ulm nach Ehingen zu verlegen wegen Spannungen mit dem Schwäbischen Kreis, welcher auch seine Zusammenkünfte in Ulm abhielt.
1692 erfolgte der Baubeginn des “Ritterhauses”. Dieses wurde genutzt für Sitzungen und Konferenzen, Unterbringung von Kanzlei und Archiv (Gewölbe) und diente auch als Wohnung für die Beamten. 1788 erfolgte der Einbau eines Billard Raums. Vorher standen dort zwei Gebäude, die u. a. auch im Besitz derer von Speth gewesen waren und deshalb schon Sonderrechte gehabt hatten. Die Reichsritterschaft pochte auf die Immunität (Befreiung von Steuern und Lasten), welches dann auch von Seiten des Magistrats der Stadt, allerdings nicht immer konfliktfrei, gewährt wurde im Laufe der Zeit (1788). Außerdem waren sie ausgenommen von der städtischen Gerichtsbarkeit.
1692 wurde die “Vizthumbische Behausung” auf dem Ehinger Gänsberg als Sitz des Syndikus des Rechtsvertreters, der Reichsritter erworben. Pedro von Cotto, reichsritterschaftlicher Syndicus stürzte sich am 13 Mai 1787 vom dritten Stockwerk des Syndikatshauses am Gänsberg in den Tod. Das Wappen der Reichsritterschaft befindet sich über dem schönen Rokokoportal (1775). Nach der Auflösung der Reichsritterschaft 1806 kaufte es Friedrich von Walter, letzter Abt des aufgehobenen Reichsstifts Marchtal, zog aber nie ein.
1717 erfolgte die Anmietung des “Hohe Hause” in der heutigen Schwanengasse wegen des großen Raumbedarfs der Reichsritterschaft (Mietzins 1500 Gulden). 1742 hatte sich der Bedarf reduziert und somit wurde das Mietverhältnis nicht weiter verlängert. Der Hof war Pfleghof des Klosters Obermarchtal. Vor 1492 gehörte er Berthold von Stein zu Rechtenstein. Es handelt sich somit wieder um einen “Freyhof”.
Seit 1689 hatte sich die Ritterschaft im Rennhof eingemietet bis 1695. Der Rennhof war auch ein adeliger Freihof, in dem Kaiser Maximilian I. bei seinen Reisen logierte. Der Hof bot die Möglichkeit, 12 bis zu 30 Pferde unterzubringen.
Die Vertreter der Ritterschaft gehörten zur Oberschicht der Stadt. Sie nahmen an den Festlichkeiten der Stadt teil, hatten eigene Kirchenstühle in St. Blasius. Die Repräsentation ihrer Stellung zeigte sich auch z. B. in der Kleidung ihrer Dienerschaft in Form einer eigenen Livree. Umfangreiche Stiftungen wurden auch durch Syndikus Wilhelm Anton Ertel an die Stadtpfarrkirche und die Liebfrauenkirche getätigt.
Am 2 Januar 1806 wurde die Aufhebung der Ritterschaft vollzogen. Danach bezog die königliche Oberamtsverwaltung das Ritterhaus. Heute ist in dem Gebäude die Außenstelle des Landratsamts des Alb-Donau Kreises untergebracht, nach Auflösung des Landkreises Ehingen 1972.
Die Museumsgesellschaft Ehingen bedankt sich bei Dr. Ohngemach für den informativen und erkenntnisreichen Rundgang durch die Stadt.
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Text: Jürgen Braun / Franz Romer
Bilder: Gerd Schweizer / Norbert Stültgens